Festival von Abéné, Reisernte, Karneval von Kafountine


Viel Zeit ist vergangen seit meinem Eintrag… Wochen, in denen ich hier so unglaublich viel erleben durfte, dass beinahe jeder Tag einen eigenen Artikel wert wäre. Es wird gleichzeitig immer schwerer, die Dinge herauszufiltern, die es zu schildern gilt, da sie für mich bereits Alltag geworden sind. Ich werde mein Bestes geben, an die Schilderungen des letzten Eintrages anzuknüpfen, was in diesem Fall heißt, mit den drei Ereignissen zu beginnen, auf die ich das letzte Mal bereits verwiesen habe: Das Weihnachtsfest, das Festival in Abéné und der Karneval in Kafountine.

Ein Weihnachten ohne Schnee, aber gleichzeitig auch ein Weihnachten ohne 24h-Dauerberieselung durch „Last Christmas“-> es sollte eine völlig neue Art werden, dieses Fest zu erleben, aber nicht minder schön. Für die Messe an Heiligabend sang ich das erste Mal „öffentlich“ mit dem Gospelchor der Gemeinde und war sofort von der ansteckenden Freude, aber auch Ehrfurcht der Sänger begeistert. Dass jedes Lied von Tanzschritten begleitet wird, ist völlig normal und hier auch gar nicht anders vorstellbar. Ein Großteil der Mitglieder und Dirigenten (uns steht ein ganzes Dirigententeam voran, sodass die Probentermine garantiert eingehalten werden können) geht noch zur Schule und hat nie im Leben Notenlesen gelernt. Die „Tamtam“-Spieler (=Trommelspieler), die jede Messe begleiten, haben sich alles selbst beigebracht und den Rhythmus wirklich „im Blut“. Wie für unsere Chorproben, so war die gesamte Kirche mit Kerzen beleuchtet und der Moment, in dem sich am Ende der Messe viele Gemeindemitglieder vor der Krippe aus Palmzweigen verneigten und still beteten, ist mir bis heute als absolut einmalig und wunderschön in Erinnerung geblieben. Als Fatou am nächsten Tag extra das, für die Verhältnisse hier, unglaublich teure Hähnchenfleisch kaufte, habe ich mich unglaublich gefreut (ich hatte ihr erzählt, dass man Weihnachten bei uns oft Geflügel isst) und den einzigen Christbaum, den ich in einem Restaurant entdeckte, fotografierte ich zur Begeisterung des Besitzers sofort;-)

Nur zwei Tage nach Heiligabend begann auch schon das einwöchige Festival in Abéné, einem relativ touristisch geprägten Nachbarort Kafountines. Insgesmat drei Mal wohnte ich dem Programm dort bei: Bei den ersten beiden Besuchen erlebte ich dort nicht nur das erste Mal die Tänze und Gesänge der Djola-Frauen, sondern auch gemischte Tanz-und Trommelgruppen und als obligatorischer Schlußpunkt eine Reggaegruppe, sodass es am Ende nur noch einige wenige der Touristen auf den Stühlen hielt: Sobald der Funke hier einmal übergesprungen ist, wird getanzt: ohne Ende und überall (die Bühne wird grundsätzlich gestürmt, und dem Künstler als Zeichen der Anerkennung Schals umgehängt oder leicht auf den Klopf geklopft). Ein letztes Mal wohnte ich dem Festival an Sylvester bei. Für diesen besonderen Anlass wurde das Programm an den Strand verlegt. Ein Trommelspektakel um ein riesiges Lagerfeuer stellte den Auftakt dar. Die Art und Weise, zu den Trommelrhythmen zu tanzen, zu beschreiben ist unglaublich schwer, doch kann sie als absolut ungewohnt für die „Toubab“(=Weiße) angesehen werden. Doch ein Mal davon angesteckt, lässt einen das nicht mehr los (ich spreche aus Erfahrung, doch davon später mehr^^). Zwischen Tänzer und Musiker ist dabei eine unglaublich intensive Verbindung zu spüren, bei der sich beide im selben Moment aneinander anpassen und so wortlos miteinander kommunizieren. Als an diesem Abend um Mitternacht schließlich ein kleines Feuerwerk vor der Kulisse des Meeres gezündet wurde und später in einer kleinen Bar am Strand weitergefeiert wurde, fehlte mir der europäische Winter nicht mehr so sehr, der doch so viele Ereignisse in Europa mitprägt.

So sollte auch Fasching ohne Schnee eine neue Erfahrung für mich sein: Der Karneval von Kafountine in der zweiten Januarwoche versprach ein spannendes Programm mit täglichen Auftritten von Sängern, Trommelgruppen, dem Tanz des Koumpos (ein sog. „Esprit“, also ein Geist; wird im Zusammenhang mit den Trommeltänzen näher erklärt) und auch unseres Chores. Da ich zu dieser Zeit ziemlich krank war, konnte ich dieses leider nur als Zuschauer genießen, doch war es als Vorbereitung auf mein späteres erstes Konzert eine wunderbare Erfahrung.

Die Zeit dieser Festivals ist gleichzeitig auch die Zeit der Reisernte, die die gesamte Casamence auf Trabb hält. Wird der Reis im Mai angebaut, so müssen die Pflanzen nach der Wachstumsphase während der Regenzeit schließlich im November/Dezember abgeerntet werden. Auch meine Familie besitzt mehrere weite, in viele quadratische Parzellen unterteilte Reisfelder (=rizières), auf denen zu dieser Zeit beinahe alle Familienmitglieder beschäftigt sind: Während die Männer mit scharfen Messern die trockenen Pflanzen abschneiden, klopfen die Frauen die Ähren aus und sortieren anschließend die schlechten Körner aus. Dabei werden diese zuerst in riesigen, flachen Bastkörben geschwenkt. Beim anschließenden langsamen Auskippen der Körbe übernimmt der Wind das Sortieren, indem er leere Ähren einfach wegbläst. Während der Ferien wurde beinahe täglich dort auf den Feldern gearbeitet und so war nach insgesamt knapp vier Wochen alles erledigt. Auch ich begleitete meine Brüder auf die Felder und half – ich hatte das mit der Arbeitsteilung Mann-Frau da noch nicht mitbekommen – den Jungen beim Abernten der Pflanzen und kann nur mit Bewunderung von ihrer Arbeit dort sprechen!!! Auch wenn die Arbeit anstrengend war, so kam der Spaß doch nicht zu kurz und so brachten mir die Jungs in der Mittagspause bei, mit den Reishalmen die Melodie von „Happy Birthday to you“ zu pfeifen, die bei mir allerdings nur andeutungsweise zu erkennen war;-)

Nach den Ferien begann schließlich auch mein Freiwilligendienst an der Schule, auf den ich allerdings in einem extra Kapitel näher eingehen werde. Nach den Festivals zur Jahreswende ließ das nächste Kapitel hier in Afrika nicht lange auf sich warten: Anne, die erste Freiwillige, die vor drei Jahren hier an der Schule arbeitete, nutzte ihre Semesterferien, um die Familie zu besuchen.

 

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